Berliner Morgenpost

20. September 2015

Tatort Charlottenburg

Der Regisseur des morgigen „Tatorts“ lebt in Berlin. Ein Besuch bei Florian Froschmayer

Florian Froschmayer ist ehrlich. „Ich glaube, dass ich für so manchen Kameramann auch schon mal eine Herausforderung gewesen bin“, sagt er. Der 42- jährige Schweizer sitzt in seinem Atelier in Charlottenburg zwischen Fotografien an den Wänden und Filmequipment auf dem Boden. Froschmayer ist Filmregisseur, Fotograf, jahrelang war er Cutter. Er mischt sich gerne bei seinen Kollegen ein, wenn einer seiner Filme produziert wird. „Wer mit mir zusammenarbeitet, muss sich damit auseinandersetzen, dass ich weiß, was ich will“, sagt er. Das sei für ihn selbst und für andere, die mit ihm arbeiten, aber auch eine Hilfe. Dann zwinkert er.

Seit 14 Jahren lebt Froschmayer in Berlin, wohnte zuvor in Kreuzberg und Mitte. Er dreht überwiegend in Deutschland. Verheiratet ist er mit Schauspielerin Victoria Sturm. Er hat Regie geführt bei der „Küstenwache“, „Soko 5113“ und fünfmal beim „Tatort“, zweimal mit Axel Milberg und Sibel Kekilli, einmal mit Eva Matthes und Sebastian Bezzel und einmal in Berlin mit Dominic Raacke und Boris Aljinovic.

Am morgigen Sonntag wird sein nächster Tatort, „Ihr werdet gerichtet“, gesendet (ARD, 20.15 Uhr), ein Schweizer Tatort. Darin tötet ein Heckenschütze Menschen, die für Straftaten von der Justiz nicht zur Rechenschaft gezogen wurden. Am vergangenen Mittwoch war bereits Premiere im „Kino Babylon“ mit Gästen wie Antoine Monot Jr., Delia Mayer und Ralph Kretschmar. Für Froschmayer ist es die erste Auftragsarbeit als Regisseur für sein Heimatland gewesen. Ihn plage das Heimweh schon, wie er sagt. „Ich vermisse die Sprache, meine Familie und Freunde“, sagt er. „Ich bin gerne zu Besuch, aber freue mich dann auch jedes Mal, wieder nach Berlin zurückzukehren.“ Der Dreh in der Schweiz sei toll gewesen, aber auch ungewohnt. „Es herrscht dort eine andere Mentalität bei der Arbeit. Der Schweizer bringt sich gerne überall ein. Es wird mehr diskutiert, was Zeit kostet.“ Froschmayer will nicht nur auf das Krimigenre festgelegt werden. So entstanden zuletzt romantische Komödien wie „Im Brautkleid meiner Schwester“ oder „Süßer September“ (25. September, 20.15 Uhr, ARD). Parallel arbeitet Froschmayer an der Onlineplattform „Script to Movie“, um Filmschaffenden die Arbeit zu erleichtern. „Eine Art Facebook für Filmteams“, sagt er. „Vom Kostümbildner bis zum Kameramann – sie können sich einloggen, Projekte online planen, weiterentwickeln und sich vernetzen.“ Um selbst viele gute Ideen sammeln und ausarbeiten zu können, hat er sich nun dieses Atelier gebaut. Es liegt an der Gervinusstraße. „Ich fühle mich hier im Kiez sehr wohl, mittlerweile hat sich ein echtes Zuhause-Gefühl entwickelt“, sagt Froschmayer.

Das Atelier hat helle Räume, in denen teils das Mauerwerk frei liegt. Fotoequipment wie Stative mit Schirmen, deren Füße in aufgeschnittenen Tennisbällen stecken, damit der Boden beim Hin- und Herrücken nicht leidet. „Erfahrungswerte aus jahrelanger Filmarbeit“, sagt Florian Froschmayer und lacht. Das Atelier verwendet er als Fotostudio und Drehort. Auch soll es Treffpunkt für Autoren, Schauspieler, Fotografen werden. Auf der Stufe der Eingangstür sind Abdrücke zweier Händepaare zu sehen. Darüber ist „Aloha“ in den Beton geritzt. „Eine spontane Idee meiner Frau und mir“, sagt Froschmayer. Und das Aloha? „Die Idee zum Atelier kam uns während eines Urlaubes. Ich fühle mich mit der Entscheidung sehr, sehr wohl.“ Mittlerweile werde er von der „alteingesessenen Community“ auch schon namentlich gegrüßt, erzählt Froschmayer. Und dann zwinkert ein zweites Mal.

Autorin: Karoline Beyer

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