Ausnahmeregisseur und Autodidakt: Florian Froschmayer entwirft nun Filmemacher-Software

Spätestens seit seinem Tatort "Ihr werdet gerichtet" ist der Name Florian Froschmayer Fernsehzuschauern ein Begriff. Nun entwickelte der Schweizer Regisseur und Wahlberliner eine Software mit der er die Abläufe eines Filmdrehs vereinfachen will. 

Als Florian Froschmayer 16 Jahre alt ist, landet er genau da, wo man als Kreativer auf keinen Fall hinmöchte: An einem Schreibtisch in einem Büro. Froschmayer, ein filmbegeisterter Teenager aus Zürich, beginnt nach seinem Sekundarschulabschluss eine Ausbildung zum Bürokaufmann. Eine Stelle, die ihn vom ersten Tag an langweilt, doch für Froschmayer gehört sie zum Plan. "Ich hatte mir in den Kopf gesetzt die Filmhochschule in München zu besuchen, aber dort wurde man nur mit Abitur oder einer abgeschlossenen Berufsausbildung aufgenommen."

Der erste Kinofilm mit Anfang 20

Die langweilige Ausbildung war also Mittel zum Zweck, nur dass der Plan zunächst nicht aufging, denn an der Filmhochschule wurde Froschmayer nicht aufgenommen: "Ich konnte die Frage nicht beantworten, warum ich Regisseur werden wolle", erinnert er sich. "Das war schlicht und einfach mein Herzenswunsch, es gab gar keine Alternative, darum hatte ich in dem Moment keine passende Antwort parat."

Woran es genau lag, dass er abgelehnt wurde? Froschmayer hat es nie erfahren. "Ich habe aber auch nicht lange gehadert, sondern beschlossen, mein eigenes Ding zu machen. Ich dachte mir: Jetzt erst recht."

Froschmayer, der Pragmatiker

Zusammen mit einem Freund verfasst er kurz darauf sein erstes Drehbuch. Zu dieser Zeit ist er Anfang 20, hat zwei Kurzfilme gedreht und Erfahrungen als Cutter beim Schweizer Fernsehen gesammelt. Er ist ein Selfmade-Filmemacher ohne Geld und ohne Kontakte.

Sein Film "Exklusiv" wird in der Schweiz zum Kinoerfolg. Unter den Darstellern sind hochkarätige Schauspieler, die nicht nur das Drehbuch, sondern auch der Enthusiasmus der beiden jungen Filmemacher überzeugt hat. Das Geld für die Realisierung, rund 300.000 Schweizer Franken, bekommen sie über ein Marketingkonzept zusammen – sechs Werbepartner platzieren ihre Produkte in Froschmayers Film. 

Eine unglaubliche Geschichte und der Beginn des Lebens, das sich Florian Froschmayer erträumt hat. Er beginnt als Regisseur für zahlreiche Serien ("Küstenwache", "Im Namen des Gesetzes") und Fernsehfilme ("Tatort") zu arbeiten und zieht später nach Berlin. "Das waren die goldenen Zeiten des Fernsehens, damals entstanden noch viele Eigenproduktionen der Sender, Drei- und Fünfteiler – darin habe ich ein Riesenpotential für mich gesehen."

Seit mittlerweile 15 Jahren lebt und arbeitet er nun in Deutschland, seit seinem Anfang September gesendeten Luzerner Tatort "Ihr werdet gerichtet", mit dem die Sendereihe aus der Sommerpause zurückkehrte und der angesichts seiner brutalen Szenen für reichlich Diskussionen sorgte, ist er nun auch einer breiten Öffentlichkeit bekannt. 

Der Regisseur als Softwareentwickler

Auf den nächsten Froschmayer-"Tatort" wartet die Fangemeinde daher gespannt, doch sie wird sich noch ein wenig gedulden müssen, denn der gebürtige Schweizer arbeitet zurzeit an einem anderen Projekt und das hat nur indirekt etwas mit der Regie zu tun: Er konzipierte in den vergangenen Monaten die Software SCRIPTtoMOVIE und ließ diese von professionellen Entwicklern programmieren. 

Mit Hilfe der Software will er die Abläufe während der Filmarbeit erleichtern: "Beim Film gibt es fast immer große Teams", erklärt Froschmayer. "Darunter sind der Produzent, der Regisseur, der Kameramann, die Maskenbildner, die Ausstattung, die Assistenten – manchmal sind 40 bis 60 Leute involviert. Alle kontinuierlich und gleichmäßig auf dem aktuellen Stand zu halten – weil jeder seine individuellen Aufgaben hat, die aber trotzdem aufeinander abgestimmt werden müssen – kann sehr kompliziert sein."

Mehr Übersicht beim Drehen

Froschmayer entwickelte darum ein projektbezogenes Netzwerk, auf das alle Beteiligten zugreifen und mit dessen Hilfe ihre Arbeit verrichteten können. Jeder kann sehen wie weit wer mit seiner jeweiligen Planung ist und ob eventuell bereits festgelegte Ideen wieder geändert wurden. "Dadurch, dass nicht jeder mehr seine eigenen separaten Listen hat, wird die Arbeit sehr viel übersichtlicher und die Zeit, die man so gewinnt, kann man in den kreativen Teil des Drehs stecken."

Erste Kollegen haben bereits ihr Interesse an der gerade erschienenen Software bekundet. 

Florian Froschmayer, so scheint es, hat ein Talent dafür ungewöhnliche Wege zu beschreiten. Dass es vor zwanzig Jahren mit der Filmhochschule nicht geklappt hat, empfindet er heute nicht mehr als Manko. "Das Wichtigste in der Branche ist meiner Meinung nach nicht die Ausbildung, denn man kann es auch als Quereinsteiger schaffen, auch wenn gute Kontakte natürlich hilfreich sind. Unabdingbar sind jedoch der unbedingte Wille und eine große Leidenschaft für das was man tut." Beides hat Florian Froschmayer.

Autorin: Marie-Charlotte Maas

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