Tele

2. Februar 2007

Der Spezialist für Fernseh-Krimis

ERFOLG IN SERIE

Florian Froschmayer. So viele Episoden wie er hat keiner in seinem Alter gedreht.

„EXKLUSIV“ hieß der Titel seines Action-Streifens, mit dem der Thalwiler 1999 die Schweizer Filmszene verblüffte: temporeich inszeniert, Product-Placements sondergleichen, eine Besetzung, die sich sehen lassen konnte. Sein zweiter Kinofilm „L.A. X“ (2002) war weniger erfolgreich, Froschmayer zog nach Deutschland und war nach zwei Jahren dick drin im Krimi-Seriengeschäft. Er suchte aber die Abwechslung: 2004 hat der Fußballfan für SF eine Dokumentation über die Schweizer Nationalmannschaft gedreht.

R.I.S. Eine neue T V-Crime-Serie auf Sat1 – klar, Florian Froschmayer ist mit dabei. Der Regisseur war eng in die Kreation des neuen Formats eingebunden. Warum er jedoch dennoch eine Veränderung braucht verrät er TELE.

Die Sprache der Toten

Wenn Molekulargenetiker, Biologen, Pathologen und Polizisten zusammenspannen, haben Verbrecher keine Chance. 

Sie kommt dann zum Einsatz. Wenn es nicht mehr weitergeht: die Rechtsmedizinische investigative Sonderkommission R.l.S. Das Team aus Wissenschaftlern und Polizisten löst die spannenden und hochemotionalen Kriminalfälle mit den modernsten Mitteln der Spurensicherung. Gewaltverbrecher haben keine Chance gegen die klugen Köpfe. In Italien und Frankreich lief die Crime-Serie mit großem Erfolg. Sie gehört zum Aufwändigsten, was Sat.1 2007 im Serienbereich zu bieten hat. Ein spezielles Farbkonzept (rote Gegenstände überall) und eine spezielle Kameraoptikmit langen Brennweiten sorgen eine eigene, unverwechselbare Optik. « R.I.S.» spielt in Berlin.

TELE: Sie sind dick im Geschäft, haben für Sat.1 „R.I.S.“ und für RTL „Post Mortem“ gedreht. Kein Problem für beide Sender? 

Florian Froschmayer: Ich denke nicht. Abgesehen davon, dass die Teams Morde aufklären, sin die Formate total unterschiedlich. Bei „Post Mortem“ werden die Fälle über die Leiche gelöst, bei „R.I.S.“ mehr von der wissenschaftlichen Seite.

Ist ihnen nach 34 Folgen Krimis der Spass noch nicht vergangen?

Ich bin an einem Punkt angelangt, an dem ich eine Veränderung brauche, um danach wieder frisch an eine Krimiserie rangehen zu können. Darum habe ich die zweite Staffel „Post Mortem“ abgesagt und stehe vorerst auch „R.I.S.“ nicht zur Verfügung. Serien bringen nun halt mal gewisse Einschränkungen mit sich: Die Schauspieler werden einem vor die Nase gesetzt und als Regisseur ist man nicht die kreative Führungskraft, wie wenn man Kino macht zum Beispiel.

Sie denken also über einen Kinofilm nach?

Ja. Der Zuschauer im Kino konzentriert sich vollkommen aufs Geschehen auf der Leinwand. Zu Hause wird man immer gestört. Anrufe, Haustiere, Werbepausen...

Wäre ein Film fürs Schweizer Fernsehen ein Thema?

Ja, durchaus. Einmal wärs fast dazu gekommen, ist aber aus terminlichen Gründen gescheitert. Offensichtlicht stimmen die Gerüchte, das SF wieder beim „Tatort“ einsteigt – ich wäre sofort dafür zu haben!

Was wurde aus „Potz Millione“, Ihrem geplanten Film mit Birgit Steinegger und Walter Andreas Müller?

Ich habe ihn sterben lassen. Für mich gibt es wie bei Lebensmitteln auch für Filmprojekte ein Ablaufdatum – irgendwann beginnen sie zu stinken. Das Projekt war an einem Punkt angelangt, an dem es sich nicht mehr wie meins anfühlte. Ideen und Gedanken gingen auseinander, für mich hats nicht mehr gestimmt. Aber das passt, 2006 war ja schliesslich das Jahr der Konflikte...

Haben Sie darum sechs Monate Pause gemacht?

Unter anderem. Es war in allen Bereichen ein schwieriges Jahr und stand unter dem Motto: Grenzen ziehen und loslassen. Aber ich glaube, dass es im Leben manchmal wehtun muss, damit man vorwärtskommt. Ich bin doppelter Skorpion und muss dann halt doppelt leiden.

Wie leidet Florian Froschmayer?

Er sitzt da, alles ist ganz furchtbar. Ich bin ein sehr physischer leidender Mensch, heule nächtelang. Aber am Ende kommt die Befreiung. Und ich sage mir: lieber geballt ein halbes Jahr lang die Hölle, als alles streckt über zwei Jahre.

Was haben sie aus der Hölle mitgenommen?

Ich höre mehr auf mich, psychisch und physisch, und entscheide mich für das, was mir gut tut.

Deutschland scheint Ihnen auch gut zu tun. Sie leben seit vier Jahren dort. Haben Sie die Schlagzeilen...

...ich kriege Vögel, wenn ich Sätze wie „Es gibt zu viele Deutsche in der Schweiz“ lese!!! Was soll daran negativ sein? Vergesst endliche eure Minderwertigkeitskomplexe und seid dankbar, dass ihr eine andere Sicht vor die Nase gesetzt kriegt. Als Schweizer ist man in Deutschland übrigens sehr willkommen.

Immer?

Na ja, wenn ich jeweils dienstags mit meinen Filmleuten kicke, höre ich oft: „Spuck mich nicht an!“ und beim Penaltyschiessen darf ich nicht ran: „Das ist genetisch bei dir, du kannst keine Elfmeter versenken.“ Aber zum Abschluss meines Drehs hat die Crew eine Schweizer Party geschmissen. Der ganze Raum war mit Lampions und Schweizerfähnchen dekoriert. Es gab Käseplatten und Schweizer Schoggi. Ich kam rein und fühlte mich zu Hause.

Wie bewahren Sie den Draht zur Heimat, wenn nicht kulinarisch?

Ich lesen jeden Tag im Netz „Blick“, den „Tagi“ und „20 Minuten“

Sind sie oft in der Schweiz?

Vor kurzem zum Skifahren. Und wann immer ich es einrichten kann, sehe ich mir Spiele vom FCZ an.

Werden Sie jemals ganz zurückkehren?

In dem Moment, in dem ich Familie habe, wird sich sicher alles verändern. Ich glaube nicht, dass mein Kind in Berlin zur Schule gehen würde. Aber das hat Zeit, ich muss ja erst mal wieder eine Freundin haben...

Frühlingsgefühle?

Nein. Ich habe einen extrem schwierigen Beruf für eine Beziehung. Eigentlich wünsche ich mir eine Frau, die gar nichts mit der Branche zu tun hat. Eine häufige Kombination ist Filmleute und Pflegepersonal. Die haben Verständnis für lange, unregelmäßige Arbeitszeiten. Und für andere Wehwehchen. Ist sicher ganz praktisch.

Autorin: Mirjam Zollinger

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