Blickpunkt Film
20. April 2020
Nachgefragt
»Das innere Feuer ist wichtig«
Regisseur Florian Froschmayer ist im Frühjahr mit zwei »Zürich-Krimis« im Ersten vertreten. Über die aktuelle Situation und Veränderungen in der Branche spricht er hier.
Inwieweit wird Ihre Arbeit durch den Coronabedingten Shutdown beeinträchtigt?
Da Dreharbeiten mit einer Gruppe von Menschen stattfinden, die auf engstem Raum zusammenarbeiten, steht die Gesundheit aller Mitwirkenden an erster Stelle. Erst wenn die Situation wieder gefahrenfrei ist, können wir weiterdrehen. Ich versuche mich momentan deshalb schon auf die Zeit danach zu konzentrieren und mir die Frage zu stellen, was für Filme dann gefragt sein werden und kann versuchen, die Entwicklung solcher Stoffe mit voran- zutreiben, um dann drehbereit zu sein, wenn Dreharbeiten wieder möglich sind.
Sie inszenieren viele TV-Krimis, im Frühjahr starten zwei von Ihren Zürich-Krimis in der ARD. Welche Veränderungen nehmen Sie derzeit in der Branche wahr, v.a. im Hinblick auf die Streamer?
Die neuen Streamingdienste sind kreativ erstmal etwas freier und mutiger, von den Budgets her aber dann auch wieder etwas eingeschränkter. Für einen erfahrenen, klassischen TV- Regisseur ist es allerdings schwierig, dort eine Rolle zu spielen, da sie als konservativ angesehen und oft in die »öffentlich-rechtliche« Schublade gesteckt werden. Ich denke aber, das wird sich – wie alle Veränderungen – mit der Zeit alles ein- pendeln. Erstmal finde ich es großartig, dass es Netflix und die anderen Streamer gibt und dass die Kreativität wieder als Kapital angesehen wird. Jetzt müssen nur noch alle begreifen, dass es auch ein adäquates Budget braucht, um Ideen und Visionen ordentlich umzusetzen.
Haben sich dadurch auch die Arbeitsbedingungen für die Kreativen verändert?
Die Arbeitsbedingungen haben sich in den letzten zehn Jahren massiv verändert. Die Budgets – auch bei den Öffentlich-Rechtli- chen – sind knapper geworden. Die Vorbereitungszeit wird entsprechend kürzer, es wird viel Flexibilität von Regisseuren und dem gesamten Filmteam erwartet. Ich sehe das als neue Herausforderung, weil es auch eine Art von Kreativität erfordert, sich dem zu stellen und für die Filme die richtige Lösung zu finden. Problematisch wird es dann, wenn Regisseure nur noch damit be- schäftigt sind, Drehtage einzusparen und zu teure Szenen zu vereinfachen. Aber auch da bin ich positiv gestimmt und denke, dass sich die Dinge einpegeln werden. Deshalb sollte man als Sender schon in der Konzeptphase die Geschichten entwickeln, die man sich am Ende auch leisten kann.
Sie sind ein gutes Beispiel dafür, dass man als Autodidakt Erfolg in der Filmbranche haben kann. Raten Sie jungen Menschen da- von ab, sich bei einer Filmuni zu bewerben?
Ich empfehle jedem Neueinsteiger vor allem seinen oder ihren Weg zu finden! Ob Schule oder Autodidakt, es ist auch Typabhängig. Für mich war es der richtige Weg. Ich glaube, viel wichtiger ist das innere Feuer. Will ich das wirklich? Es gibt viele, die genauso brennen wie ich damals und heute! Wer nicht mindestens innerlich so für Regie brennt, wird es nicht schaffen, sich nachhaltig zu positionieren. Zu viele Leute drängen in den Markt. Aber: Wer es wirklich will, wird es auch schaffen, wie ich auch! Auf welchem Weg auch immer.
Sie haben vor fünf Jahren auch die Software SCRIPTtoMOVIE lanciert. Wie hat sich diese in der Branche etabliert?
SCRIPTtoMOVIE ist seiner Zeit in vielen Punkten noch immer voraus. In der Branche gibt es allerdings nach wie vor Berührungsängste mit digitalen Arbeitsweisen. Ich bin mir aber sicher, dass der Ansatz von SCRIPTtoMOVIE zukunftsweisend ist. Es wird nicht eine Frage »ob«, sondern eher »wann« die meisten Filme mit Lösungen wie SCRIPTtoMOVIE umgesetzt werden, sein. Da es in dem Bereich immer noch wenig Angebote gibt, hoffe ich natürlich, dass SCRIPTtoMOVIE noch nachhaltig von sich reden machen wird.
Sie sind auch leidenschaftlicher Set-Fotograf...
Fotografie ist schon immer eine große Leidenschaft von mir gewesen und eine schöne Ergänzung zum Filmemachen. Beim Film arbeite ich gemeinsam mit einem großen Team an einem Projekt. Ein Foto mache ich ganz alleine und bin in der Umsetzung autark. Am Set kann ich diese beiden Welten im Prinzip gleichzeitig erleben und durch die Fotografie die Magie bestimmter Szenen konservieren. Ich möchte aber auf keinen Fall den Standfotografen ersetzen, denn es gibt viele tolle Fotografen, die meine Filme sensationell aussehen lassen.
FLORIAN FROSCHMAYER Der Schweizer Filmemacher inszeniert bei etlichen Erfolgsreihen wie »Tatort«, »SOKO«, »Im Namen des Gesetzes« oder »Küstenwache«. Die Ausstrahlung seiner zwei »Zürich-Krimis« erfolgt am 30. April und 7. Mai.