Berliner Zeitung

05. September 2015

Eben hättest Du rechts abbiegen müssen

Dieser Tage hat Florian Froschmayer reelle Chancen, der Lieblingsregisseur der Deutschen zu werden. Zumindest für kurze Zeit. Schließlich beendet er mit seinem Film „Ihr werdet gerichtet“ am 6. September die ungeliebte „Tatort“-Sommerpause. Der Wahl-Berliner aus der Schweiz hat die neueste Folge inszeniert. Und dabei nicht auf jene Spannung gesetzt, die es ergeben kann, wenn Ermittler und Zuschauer gleichzeitig rätseln, wer der Mörder ist: „Diesmal sieht man das nach einer Minute. Und die spannende Frage lautet: Wie kriegen sie ihn?“

Froschmayer gehört zu diesen unmäßigen Typen, die sich bei der Verteilung von Talenten mehrmals gemeldet haben. Er hat bei mehr als 50 Filmen, darunter die „Tatort“- Folgen „Der Polizistinnenmörder“ und „Borowski und die heile Welt“, Regie geführt und nebenbei immer auf professionellem Niveau fotografiert. Einige seiner Arbeiten sind seit Donnerstag in einer umgebauten ehemaligen Weinbar in der Gervinusstr. 12 unter dem Titel „Cities & Faces“ zu sehen. Zur Vernissage kamen Gäste wie die Schauspieler Ronald Nitsche, Karsten Speck und Charles Rettinghaus, deren Charakterköpfe als Portraits an den Wänden hängen. Aber auch Dana Golombeck und Christoph M. Ohrt, die vielleicht demnächst portraitiert werden.

Mit der Büro-Galerie haben sich Froschmayer und seine Frau, die Schauspielerin Victoria Sturm, einen Traum erfüllt. Sie erkärt: „Das soll ein Begegnungsort für kreative Menschen sein.“ Wer sich die Ausstellung ansehen mag, der kann es auf gut Glück versuchen, muss aber damit rechnen, auch mal vor verschlossener Tür zu stehen. Eine Terminvereinbarung über die Internetseite froschmayer.tv wäre die sicherste Variante.

Dass er Filme drehen will, weiß Froschmayer seit seinem 13. Lebensjahr. Damals entschied er unter dem Eindruck der Sience-Fiction-Komödie „Zurück in die Zukunft“, Regisseur zu werden. Der Umzug von Zürich nach Berlin war logisch, wie es in seiner Heimat keine Filmindustrie gab und er keine Lust hatte, nur alle sechs Jahre einen Film zu drehen.

Als Schüler hatte Froschmayer seinem Mathelehrer einen Computer abgekauft und sich damit selbst das Programmieren beigebracht. Über 20 Jahre später trägt dieses Talent nun auch Früchte. Die schwierigen Organisationsprozesse und die unfassbare Papierverschwendung bei Filmproduktionen haben ihn nicht nur frustriert, sondern auch inspiriert. Heraus kam eine professionelle Software zur papierlosen Organisation von Produktionen („Script to movie“), bei der alle Beteiligten immer auf dem aktuellen Stand sind.

Froschmayers Frau ist die Inhaberin einer im deutschen Synchrongewerbe extrem beliebten Stimme. So spricht sie in „Desperate Housewieves“ (aktuell auf SIXX) Hauptifgur Lynette Scavo, ist in „Numbers – Die Logik des Verbrechens“, „O.C., California“, „Buffy – Im Bann der Dämonen“, „Bones – Die Knochenjägerin“, „The L Word“ und „Luther“ zu hören. In der witzigen Krimiserie „Castle“ leiht sie Hauptfigur Kate Beckett die Stimme. Für Florian Froschmayer muss es die reine Folter sein, sich durch Serien zu zappen, wenn ihm gerade nicht nach seiner Frau ist (solche Momente soll es im menschlichen Zusammenleben manchmal geben). Er hat ein noch schlimmeres Beispiel: „Ich zocke gerne Playstation. Und bei einem ziemlich angesagten Raserspiel sagt dann meine Frau als Systemstimme ständig Sätze wie ‚Eben hättest du rechts abbiegen müssen’, die mich ziemlich aggressiv machen.“

Autor: Andreas Kurtz

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