Blickpunkt Film
20. September 2015
Cooles Tool
Warum ein Regisseur eine Software entwickelt
Wie vermutlich viele meiner Regiekollegen bin ich ein akribischer Planer und habe mich immer wieder darüber geärgert, dass ich meine Vorbereitungen nächtelang neu sortieren musste. Man orientiert sich als Regisseur natürlich erst mal am Drehbuch, aber ein Film wird ja nicht chronologisch gedreht; und je näher der Drehstart rückt, desto öfter ändern sich die Drehpläne. Man muss also jedes Mal von vorn anfangen. Ich habe mich daher gefragt, ob sich dieser Vorgang nicht vereinfachen ließe. Anlässlich meines zweiten „Tatorts“ habe ich 2008 eine rudimentäre Datenbank programmiert. Seit meiner frühen Jugend bin ich sehr technikbegeistert, habe schon auf dem Spielecomputer C64 erste kleine Programme geschrieben.
Meine Regiedatenbank war in der Lage, meine Notizen zur Kameraauflösung und zu den Figuren bei jeder Drehplanänderung neu zu sortieren. Im Laufe der Zeit hat sich die Datenbank zu einem richtigen Programm entwickelt.
Irgendwann bin ich aber an meine Grenzen gestoßen, und so stand ich vor der Frage: Begnüge ich mich damit, oder entwerfe ich ein Konzept, suche Geldgeber und übergebe die Programmierung an Profis? Also habe ich auf Urlaub verzichtet, viel Zeit und Geld investiert, beim Medienboard Berlin-Brandenburg eine Förderung beantragt, eine Crowdfunding-Initiative ins Leben gerufen und bei mir um die Ecke in Berlin ein Unternehmen gefunden, das verstanden hat, worauf ich hinauswollte.
Meine Aufgabe bestand in der Gestaltung der Benutzeroberfläche. Das Design und die 450 unterschiedlichen Seiten mussten den Anforderungen der Praxis entsprechen und vor allem von Nutzern, die weniger technikaffin sind als ich, intuitiv zu bedienen sein. Als „Script to movie“ mithilfe der Programmierer schließlich zum Leben erwacht ist, habe ich gemerkt, dass Theorie und Praxis nicht immer übereinstimmten.
Zunächst hatte ich die Software für Regisseure, Kameraleute, Aufnahmeleiter und Szenenbildner konzipiert, doch dann ist mir klageworden, dass sie auch Kostümbildnern, Maskenbildnern, Requisiteuren etc. zugänglich sein sollte. Dafür musste ich aber erst die individuellen Arbeitsabläufe jedes Filmdepartments verstehen.
Jetzt verbindet „Script to movie“ alle Gewerke des Filmschaffens in einem projektbezogenen Netzwerk und kann auch für Serien oder Werbespots genutzt werden. Ich selbst habe bereits drei Filme auf diese Weise vorbereitet und gedreht.
Das Echo der am Test beteiligten Mitarbeiter war durchweg positiv. Besonders nützlich war die Software im letzten Jahr, als ich noch während der Dreharbeiten zu „Süßer September“ einen „Tatort“ aus Luzern vorbereiten musste. Da habe ich gemerkt, wie sehr sich der Aufwand gelohnt hat, weil ich problemlos zwischen den beiden Projekten hin und her switchen konnte.
Das Programm wird in fünf Sprachen erscheinen; ob ich damit auch Geld verdienen werde, wird sich zeigen. So oder so: Für meine eigenen Filme habe ich nun auf jeden Fall ein cooles Tool.
Autor: Florian Froschmayer (Gast Beitrag)
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